von Daniela Ernst
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14. April 2019
Viele Menschen tun sich schwer negative Erfahrungen und belastende Gedanken loszulassen. Beispiele hierfür sind der typische Erbstreit in der Familie, Krach oder gar Untreue in der Partnerschaft, anhaltende Unstimmigkeiten im Büro oder der nicht enden wollende Nachbarschaftskrieg. Zerrüttete Beziehungen bedeuten Unfrieden und Einbußen in unserer Lebensqualität. Im schlimmsten Fall hegt man sogar Rachegedanken oder quälende Gefühle wie Wut, Zorn und Enttäuschung. Auch das Gefühl hintergangen worden zu sein kann sich ausbreiten. Wäre es nicht wunderbar befreiend, diese Belastungen und Ereignisse einfach loslassen zu können? Erfahren Sie hier, was wirklich hinter Ihren Emotionen steckt und wie Sie ein Stück weit zu mehr Frieden finden. Wer setzt sich schon gerne mit Negativem auseinander? Alle Erlebnisse in unserem Leben schlagen sich in unserer Seele nieder. Manche mehr, manche weiniger, je nachdem wie wir diese bewerten und verarbeiten. So passiert es, dass wir besonders schmerzhaften Emotionen aus dem Weg gehen und in unser Unterbewusstsein verbannen. Diese zu ignorieren und einfach „Gras über die Sache wachsen lassen“ funktioniert in den meisten Fällen leider nicht. Ganz im Gegenteil! Füllt sich der Rucksack an Verdrängtem erst einmal, erzeugt dies oft tiefes Leid und Unausgeglichenheit. Emotionale Überreaktionen sind keine Seltenheit, die manchmal sogar harmlose Situationen eskalieren lassen und den Teufelskreis an negativen Gedanken unterstützen. Im schlimmsten Fall drückt sich der Körper über chronische Beschwerden und Schmerzen aus. Daher ist es sinnvoll, seine Gefühle direkt bei der Entstehung wahrzunehmen oder Vergangenes achtsam aufzuarbeiten, um so seinen Rucksack Stück für Stück zu erleichtern und Schönes besser genießen zu können. Insbesondere bei Konflikten, die schon lange zurückliegen und trotzdem nicht abgehakt werden, ist der genaue Auslöser oft vergessen. Fragen Sie sich, was der wirkliche Grund für Ihre Streitigkeiten ist. Wie genau kam es dazu? Und was haben Sie selbst dazu beigetragen? Wiederkehrende Gedanken – Stoppen Sie den Teufelskreis Unser Gehirn produziert pausenlos eine Vielzahl an Gedanken. Nichts zu Denken ist so gut wie unmöglich, wenn man nicht kürzlich einen Meditationskurs auf Bali besucht hat. Dieses Phänomen lässt sich neurologisch erklären: Unser Gehirn arbeitet während Ruhephasen besonders aktiv. Genau dann fühlen wir uns von Gedanken überhäuft, von denen das Gehirn meint, sie könnten hilfreich für uns sein oder einen Mehrwert darstellen. Egal ob diese Gedanken unwichtig oder gar unwahr sind. Wir selbst können nun aussortieren und entscheiden. Prüfen Sie die Inhalte vor Allem auf ihren Wahrheitsgehalt und ihren Nutzen. Rufen Sie sich die Situation nochmal ins Gedächtnis und beleuchten Sie das Geschehen aus Sicht eines außenstehenden Zuschauers. Aus dieser neutralen Position heraus, können Sie dann entscheiden, ob Sie den Gedanken weiter Raum geben, oder Ihre Aufmerksamkeit auf ein anderes, sinnigeres Thema lenken. Hinter jeder Aggression stehen frustrierte Bedürfnisse – Distanz ist das Zauberwort Meldet sich eine Emotion besonders intensiv und der Groll sitzt tief, kann dies ein hilfreiches Signal sein, hinter die Fassade der Frustration zu blicken. Nach dem Motto: „Man kann erst loslassen, wenn man wirklich weiß, woran man festhält“. Eine zentrale Frage hierbei ist: Was genau schmerzt mich eigentlich so sehr? Benennen Sie Ihre Gefühle! Können Sie vielleicht sogar einen Zusammenhang zu einer anderen Situation herstellen? Haben Sie diese Kränkung, Verletzung oder Minderwertigkeit schon einmal gespürt? Könnte es sich hierbei vielleicht um eine schmerzhafte Kindheitserinnerung oder Demütigung handeln, die in der aktuellen Stresssituation aktiviert wurde? Versuchen Sie Ihren verletzten Anteil zu analysieren und zu beobachten, anstatt sich den negativen Gefühlen hinzugeben. Dieser kritische Abstand hilft Ihnen zu verstehen, falls tief im Inneren ein unbearbeitetes Thema Auslöser für Ihre Reaktion ist und Sie angreifbarer macht. Ohne Täter – kein Opfer. Sind Sie bereit die Opferrolle aufzugeben? Geht Ihnen ein Vorfall einfach nicht aus dem Kopf und das Loslassen des Ereignisses scheint unmöglich? Finden Sie sich vielleicht sogar schmollend und nachtragend in der Opferrolle wieder und an Verzeihen ist nicht zu denken? Stellen Sie sich eine entscheidende Frage: Welche Vor- und Nachteile haben Sie in dieser Position? Vor- & Nachteile für Sie selbst, sowie auch für Ihre Familie und Ihr Umfeld. Schnell werden Sie zum Entschluss kommen, dass es nur wenige positive Aspekte gibt, an dem Thema festzuhalten. Eine wirkliche Entwicklung liegt darin, über den eigenen Schatten zu springen und sich aktiv aus der Opferrolle zu begeben. Tiefe Verletzungen und gebrochenes Vertrauen engen die Wahrnehmung oft ein und der „Täter“ wird auf diese eine Rolle reduziert. Entlassen Sie Ihn aus dieser. Welche anderen, gemeinsamen Momente in Ihrem Leben gibt/gab es mit dieser Person? Was haben Sie Schönes erlebt? Manchmal schenken wir dem Negativen viel mehr Aufmerksamkeit, obwohl das Positive insgesamt überwiegt. Vielleicht kann das zerrissene Seil des Vertrauens an einer anderen Stelle wieder zusammengeknüpft werden? Einen Schlussstrich ziehen – Niederschreiben kann helfen Sehen Sie keine Basis für eine künftige Beziehung oder Annäherung und entscheiden sich aktiv für einen Schlussstrich? Ziehen Sie Ihre Entscheidung mit allen Konsequenzen durch. Um die Emotionen loszulassen kann es hilfreich sein, nochmals alle Gedanken aufzuschreiben oder vielleicht sogar einen Brief an eine bestimmte Person zu richten. Entscheiden Sie selbst, ob Sie den Brief abschicken. Es kann mehr eine Übung für Sie selbst sein, als damit einen neuen Streit zu entfachen. Verlieren Sie sich nicht in Vorwürfen, sondern bringen Sie Ihre Gefühle und den damit verbundenen Verlust zum Ausdruck. Falls Sie diese Übung ein zweites Mal wiederholen, geben Sie der Geschichte ein gutes Ende und definieren Ihre Zukunft positiv und klar. Alte Bänder und Verstrickungen lösen Eine weitere Möglichkeit mehr Abstand zu gewinnen, bietet folgende Übung: Benennen Sie alle bestehenden Verbindungen zu der Person bzw. zu dem Thema, von dem Sie sich lösen möchten. Dies können u. A. Sachwerte, emotionsbehaftete Gegenstände oder Kinder sein. Definieren Sie klar, wer welchen Teil erhält, in bestimmten Sachlagen Verantwortung übernimmt oder wie Sie in künftigen Situationen agieren werden. Handelt es sich um ein längst verjährtes Thema oder die Person ist bereits verstorben, schaffen Sie mit diesem Prozess Klarheit für sich selbst. So können Machtverhältnisse gelöst werden und ein Gefühl von Freiheit und Eigenwirksamkeit kann sich einstellen. Neuorientierung & positive Zukunftsaussichten Für ein ausgeglichenes und entspanntes Leben ist das Verarbeiten alter Konflikte mindestens so wichtig, wie die Zielsetzung für Ihre Zukunft. Welche Erkenntnis haben Sie aus Ihrer Erfahrung gezogen und konnten Sie vielleicht sogar daran wachsen? Loslassen schafft Freiraum für wirklich wichtige und erfüllende Dinge in Ihrem Leben. Verplanen Sie die wiedergewonnene Energie sinnvoll und freuen sich auf eine unbeschwerte Zeit mit weniger Ballast im Gepäck! Alles Liebe, Daniela Ernst Dieser Artikel erschien am 16./17.03.2019 in der Balance Serie der Abendzeitung, München